Seit Jahren, wenn nicht Jahrzehnten wird diskutiert: Gute Übungsaufgaben sollen zur Vorlesung passen, sie sollen das Einüben von Routinen fördern und dennoch interessant sein; sie sollen anregen, den Blick über den Tellerrand zu wagen. Sie sollen nicht zu schwer und nicht zu leicht sein, damit niemand abgehängt wird und sich gleichzeitig niemand langweilt. Die Übungen, die Johan Åberg Semester für Semester gestaltet, tragen – wie auch in der Theorievorlesung zur analytischen Mechanik im Winter 21/22 – noch einer anderen Tatsache Rechnung: Studierende sind manchmal einfach raus – sei es, weil sie trotz aller Bemühungen abgehängt werden, sei es, weil es einen Klimastreik zu organisieren gilt, sei es, weil eine andere Veranstaltung stressig ist.
Wie kaum einem anderen gelingt es Johan Åberg Aufgaben zu gestalten, die gleichzeitig wertvoll und interessant sind für die Studierenden, die gerade voll dabei sind, aber auch eine Wiedereinstiegsmöglichkeit bieten für die, die – aus welchen Gründen auch immer – gerade raus sind.
So finden sich im Aufgabentext häufig Stichpunkte, die man in der Vorlesung, im Netz oder in der Literatur suchen kann und so – wie von allein – an die Stellen gelenkt wird, an denen ein Aha-Effekt eintritt. Dabei wird viel Wert darauf gelegt, dass die Lösungen nicht einfach ‚googlebar‘ sind, aber Recherche dennoch beim Finden des Lösungswegs hilft; so wird auch die Arbeit mit Literatur nebenbei trainiert.
Die Aufgaben sind häufig so gestellt, dass es verschiedene Lösungswege gibt, die auch tatsächlich von verschiedenen Studierenden gewählt werden. Erfrischend ist dabei, dass gerade in der Mechanik die unterschiedlichen Herangehensweisen gegenübergestellt werden, ohne dass die ungeeignetere Methode häufiger als nötig durchexerziert wird. Dafür wird in den Übungen der Raum geschaffen, verschiedene Lösungen miteinander zu vergleichen und damit eine Diskussion anzustoßen, die sich für alle, egal ob sie Weg A oder B gewählt oder die Aufgabe gar nicht bearbeitet haben, lohnt.
Oft entstehen Übungsblätter nach dem Muster: „Was für Aufgaben sollen die Studierenden in der Klausur lösen? Welche Aufgaben trainieren dafür?“. Die Übungsblätter von Johan Åberg sind aus einer anderen Perspektive konzipiert: „Wie sieht eine Übung aus, die didaktisch an die Vorlesung anknüpft? Welche Aufgaben sind dafür nötig, dass die Übungsstunde selbst den maximalen Nutzen für alle Beteiligten hat?“
Kennzeichnend für die Übungen, die dies beantworten, ist, dass der Zusammenhang zwischen der übergreifende Geschichte der Vorlesung einerseits und den Details der Lösungswege andererseits hergestellt wird. Die Verknüpfung entsteht durch den stufenlosen Zoom zwischen den beiden Perspektiven.
Es wird an zuvor erarbeitete Erkenntnisse angeknüpft, ohne dass man bei Lücken aufgeschmissen wäre; gleichzeitig wird sich die Zeit genommen, um Lücken aufzuarbeiten. Letztlich gibt es nicht „den roten Faden“, sondern es wird ein theoretisches Gerüst aufgebaut, durch dass sich Studierende effizient zu bewegen lernen.
Natürlich müssen an dieser Stelle auch die humorvollen Aufgabentexte, die lustigen Skizzen mit dem unverwechselbaren ‚Åberg-Männchen‘ und der generell lockere Stil, mit dem Johan Åberg komplizierten Stoff präsentiert, hervorgehoben werden. Aber die Übungen von Johan Åberg sind eben noch mehr als das; Sie sind gut strukturierte, faire und didaktisch wertvolle Veranstaltungen, in denen Studierende exzellente Lehre erfahren.
Für dieses außerordentliche Engagement verleiht die Fakultät Johan Åberg den Lehrpreis für das Wintersemester 21/22.