999 Origami-Kraniche

Origami-Kranich
Tobias Theißen (geb. Cronert) ist am 30.10. an Leukämie gestorben. Wir trauern um unseren langjährigen Mitstreiter und unermüdlichen humorvollen Aufklärer der (Strahlen-)Physik und dokumentieren einen Nachruf von Marius Hermanns, ebenfalls langjähriger Fachschafts-Mitstreiter.

Spendenaufruf: Tobias hat seine Knochenmarkspende letztlich nicht angenommen, vielen kann aber eine Spende das Leben retten. Wer also im Namen von Tobi etwas Gutes tun möchte kann, so hat es sich die Familie gewünscht, der DKMS oder der José Carreras Leukämie-Stiftung spenden. Genauso oder noch wichtiger als Geld ist aber, falls möglich, die eigene Registrierung als Spender.


Hallo,

viele werden mich (und Tobi) gar nicht mehr kennen, aber über die 2000er Jahre haben er und viele Mitstreiter (auch ich) viel in der Fachschaft Physik der Uni Köln gearbeitet, gelebt und ihr unseren Stempel aufgedrückt.

Leider ist Tobias am 30.10.2020 an einer akuten lymphatischen Leukämie verstorben. Er hinterlässt ein riesiges Loch, sowohl in seiner Familie, bei seinen Freunden und Bekannten, bei seinen WeggefährtInnen und SpielgenossInnen; in der Physik in Köln, in Jülich, in der Welt Engonien und bei vielen LeserInnen seines Sience Blog.

Als Kölner Jung hat Tobias 2002 nach seinem Zivildienst bei der Johanniter Unfallhilfe im Rettungsdienst der Stadt Köln mit dem Physikstudium in Köln begonnen und dort recht schnell den Weg in die Fachschaft der Physik gefunden. Mehrere Jahre lang hat er sowohl den Raum der Fachschaft (und den Fachschaftsraum) organisiert sowie sich um die Belange der Studierenden gekümmert, mit Professoren und Vertretern der wissenschaftlichen Mitarbeiter diskutiert, gerungen und in der Fachgruppenvertretung seine und die Meinung der Studierenden vertreten.

Eines seiner wichtigsten Themen in der Fachschaft war die Umstellung des Diplom Studiengangs auf die Bachelor und Master Abschlüsse. In unzähligen Gremiensitzungen, Berufungskommissionen und Ausschüssen hat er seine lockere und problemorientierte Art auf alle Anwesende wirken lassen. In einer Fachgruppensitzung, als wieder einmal sehr angeregt diskutiert und gerade auch unter den Professoren die Fronten verhärtet waren, hat er mit nur einem Satz zur Sache der Studierenden trotzdem allen ein Lachen entlocken können.

Ich selbst habe ihn nochmal viel besser kennen gelernt, als wir beide uns, obwohl im gleichen Studienjahr gestartet, 2007 am Gymnasium Rodenkirchen als Vertretungslehrer für Physik getroffen haben. In einer seiner ersten Stunden hat er, um Optik besser zu erklären, kleine Rauchbomben im Physikraum entzündet, was dank einer nicht vorhandenen Brandschutzanlage keine größere Verwirrung stiftete, als der Dichte Rauch aus dem Fenster im Innenhof der Schule entwich.

Als er im Jahr 2014 sein Diplom in der II. Physik in Köln abgeschlossen hatte, ging er ans Forschungszentrum Jülich um dort eine Neutronenquelle aufzubauen. Gleichzeitig startete er einen Science Blog und schrieb regelmäßig über seine Forschung aber auch die Wissenschaft ganz im Allgemeinen, immer gerichtet an ein sehr breites Publikum, mit Witz und der einen oder anderen Anekdote. Auch als er im Jahr 2018 die Diagnose ALL, Leukämie, erhielt, schrieb er sofort in seinem Blog:
„Stahlenphysiker hat Leukämie“ und ließ die Welt Anteil an seinem Wissen und seinem Werdegang in den Mühlen der modernen Medizin haben.

Ich kann an dieser Stelle nur jedem empfehlen, der den Blog noch nicht kennt, diesen zu lesen: https://scienceblogs.de/nucular/
Der Blog wird soweit möglich archiviert und lesbar bleiben.

Leider, und darüber hat uns Tobi in seinem Blog immer auf dem Laufenden gehalten, hat er, trotz Bestrahlung (für den Strahlenphysiker!), Knochenmarkspende und viel moderne Medizin, den Kampf gegen seine Krankheit verloren. Er wurde am 7.11. im Kreise seiner Familie und Freunde in Monschau beigesetzt.

Das zurück gebliebene Loch muss jetzt, und das wäre sicher in seinem Sinne, von anderen gefüllt werden: von jungen Physikerinnen und Physikern, von Studierenden, die wie er, nicht nur am Fach, sondern auch an der Wissenschaft, an dem Wissen und dem Schaffen, Interesse haben, und die vielleicht auch, mit dem Handtuch auf Reisen und der extra Portion Spagetti die Welt ein bisschen aufgeklärter und besser machen wollen.

In Gedenken, Marius Hermanns