Für eine humane Lehrer*innenbildung – Für ein sofortiges Moratorium der Auslauffristen im Lehramt und eine grundlegende Reform der Lehrer*innenbildung

Im Lehrerausbildungsgesetz ist festgelegt, dass sowohl die Staatsexamens-Studiengänge als auch die Modell-BaMa-Studiengänge abgeschafft werden und dafür abwegige Auslaufregelungen gelten: Nach der bisherigen Regelung müssen alle Kommiliton*innen ihr Studium bis 2016 (Lehramt für Grund-, Haupt- und Realschulen) bzw. 2017 (alle anderen Lehrämter) beendet haben; ansonsten werden sie zwangsexmatrikuliert oder müssen in den Bachelor wechseln.

Die Fristen bedeuten Lernen mit der Angst im Nacken und richten sich gegen eine humane und reflektierte Lehrer*innenbildung für eine aufgeklärte Gesellschaft: Zukünftige Lehrer*innen müssen Zeit haben, sich kritisch mit der Welt und dem Bildungssystem zu befassen, Lerninhalte zu hinterfragen statt auswendig zu lernen sowie sich (hochschul-)politisch für Verbesserungen zu engagieren, um die Pädagogik und das Bildungssystem weiterzuentwickeln. Um menschlich verantwortliche und an ihren Schüler*innen ehrlich interessierte Lehrer*innen zu werden, die Klugheit, Kritikfähigkeit, Solidarität und Lernfreude bei ihren Schüler*innen befördern, müssen sie selbst Spaß am Lernen haben.

Deshalb haben wir mit einem breiten Bündnis – bestehend aus dem Landeslehramtsfachschaftentreffen NRW (LaLeFa NRW), dem bundesweiten Studierendenverband fzs, den GEW Studis, vielen Fachschaften sowie einer Vielzahl von Betroffenen – bereits rund 8.500 Unterschriften für die Abschaffung der Fristen gesammelt. Für eine Verlängerung der Fristen haben sich zudem die Prorektorenkonferenz NRW sowie die Universität zu Köln ausgesprochen.

Derzeit läuft eine Überarbeitung des Lehrerausbildungsgesetzes. Der bisherige Entwurf sieht weder eine Abschaffung noch eine Verlängerung der Fristen vor.

Auch sonst ist der Entwurf wenig fortschrittlich:

  • Sowohl Studium als auch Referendariat sind nach wie vor auf ein mehrgliedriges, sozial selektives Schulsystem ausgerichtet statt die Grundlagen für eine Schule für alle und Inklusion zu legen.
  • Die gesetzlichen Vorschriften zum Studium sind sehr in neoliberaler PISA-Doktrin verhaftet; künftigen Lehrer*innen soll vor allem das Handwerkszeug dafür vermittelt werden, in den Schulen Beihilfe zu Anpassung zu leisten, statt zur Entwicklung mündiger Menschen beizutragen.
  • Es gibt keine Masterplatzgarantie – ein Masterabschluss ist aber Voraussetzung für die Einstellung als Lehrer*in!
  • Das Praxissemester ist unbezahlt und gleichzeitig so organisiert, dass Nebenjobs praktisch nicht möglich sind.

Derzeit verzögert sich der Gesetzgebungsprozess voraussichtlich bis zum Frühjahr 2016. Wer in den auslaufenden Studiengängen Lehramt für Grund-, Haupt- oder Realschulen studiert, muss sich nach derzeitiger Gesetzeslage allerdings spätestens im Oktober 2015 für die letzten Prüfungen angemeldet haben. Einerseits ist es richtig, nicht beim derzeitigen Entwurf für die Gesetzesüberarbeitung stehen zu bleiben, sondern sich die Zeit für eine Reform der Lehrer*innenbildung auf Höhe der Zeit zu nehmen. Andererseits ist es zynisch, in Kauf zu nehmen, dass in der Zwischenzeit alle weiter zittern sollen und ein Teil der Studierenden bereits rausgeschmissen wird.

Damit sofort Abhilfe geschaffen wird, fordern wir das Land NRW auf, als Sofortmaßnahme ein Moratorium, d. h. ein Aussetzen der Auslauffristen, zu erlassen. Prinzipiell müssen die Fristen abgeschafft werden und eine grundlegende Überarbeitung der gesamten Lehrer*innenbildung im Zuge der Reform des Lehrerausbildungsgesetzes realisiert werden.

Dafür werden wir am Donnerstag, den 02.07. die Parteizentralen von SPD und Grünen in Düsseldorf besuchen.

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